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Erinnerungsprojekt der TU Darmstadt

Ein Zeitungsartikel vor wenigen Tagen zum Gedenktag am 9. November 2015 mit dem Aufruf zum Friedensgang – den Weg vom Jüdischen Friedhof zum Gedenkort der zerstörten Synagoge – erinnerte mich gleich an eigene Kindertage. Warum? Aufgerufen zum Friedensgang wurde am Jahrestag der Pogromnacht 1938 im Münsterschen Stadtteil Wolbeck, in dem es viele Opfer der Judenverfolgung zu beklagen gab. In dem Bericht stand der Satz „Plötzlich war einer nicht mehr da. Es wurde getuschelt, aber keiner hätte offen etwas gesagt“.

Auch meine Eltern wichen meinen Fragen aus, wenn ich denn mal wieder Gesprächsfetzen der Erwachsenen mitbekommen hatte, in denen vom neuen Versteck eines nahen Verwandten getuschelt wurde. Die Tränen und besorgten Gesichter passten so gar nicht in mein Erleben vom geliebten Versteckspiel als Kind. In späteren Jahren erfuhr ich die bittere Wahrheit, doch das Bild ist schwer zu löschen.

Anders als mit der Synagoge in Wolbeck ist es mit der heutigen Landessynagoge Selm-Bork, NRW, geschehen, die zwar zerstört, aber nicht In Brand gesetzt wurde. Sie wird heute wieder regelmäßig als Betraum genutzt.

Erinnerungsprojekt der TU Darmstadt in USA

An dieser Stelle stellen wir Ihnen ein Projekt der TU Darmstadt vor, dessen Ursprünge im Jahr 1994 liegen. Auch in 1990er Jahren gab es wie heute Angriffe auf Flüchtlingsheime. Antisemitismus wurde an vielen Orten immer noch sichtbar. So der Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge durch Neonazis im März 1994.

In Marc Grellert von der TU Darmstadt entstand zu der Zeit die Idee, in der Nazizeit zerstörte Synagogen virtuell zu rekonstruieren. In diesen Arbeiten, an der sich inzwischen über 60 Studierende der TU Darmstadt beteiligen, soll der kulturelle Verlust und die bauhistorische Bedeutung sichtbar gemacht werden. Die ständig erweiterten Arbeitsergebnisse stellen gleichsam eine Antwort auf die Frage dar, wie man die Möglichkeiten der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen kann, um einen Beitrag zur Erinnerung an den Holocaust zu leisten, als Form eines kulturellen Gedächtnisses. Längst ist das Projekt nicht beendet, und jeder kann daran mitarbeiten. s. Internetarchiv unten.

Bildunterschrift: Das Holocaust Museum in Farmington Hills (Detroit/USA) stellt zum zweiten Mal das Projekt „Synagogen in Deutschland – eine virtuelle Rekonstruktion“ des Fachgebietes Digitales Gestalten der Technischen Universität Darmstadt aus.
Im Bild: Virtuelle Rekonstruktion der Straßenansicht der „Große Synagoge Glockengasse“ in Köln (Bauzeit 1857-61). Die Synagoge wurde am 10. November 1938, der Reichsprogromnacht, bis auf die Grundmauern zerstört. © FG Digitales Gestalten / TU Darmstadt

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Bildunterschrift: Das Holocaust Museum in Farmington Hills (Detroit/USA) stellt zum zweiten Mal das Projekt „Synagogen in Deutschland – eine virtuelle Rekonstruktion“ des Fachgebietes Digitales Gestalten der Technischen Universität Darmstadt aus.
Im Bild: Virtuelle Rekonstruktion des Innenraums „Große Synagoge Glockengasse“ in Köln (Bauzeit 1857-61). Der Innenraum beeindruckte durch seine reiche Farbigkeit. © FG Digitales Gestalten / TU Darmstadt

Diese Ausstellung wurde schon an mehreren Orten Deutschlands gezeigt, und Teile sind als ständige Präsentation im Jüdischen Museum Berlin zu sehen. Anlässlich des 77. Jahrestags der Reichspogromnacht und 70 Jahre nach Kriegsende wird sie im Holocaust Museum in USA  präsentiert, schon zum zweiten Mal.

Ergänzt wird die Ausstellung von einem interaktiven öffentlichen Internetarchiv mit Grundinformationen zu über 2.200 deutschen und österreichischen Synagogen. Für Internetnutzer besteht weltweit die Möglichkeit, Kommentare, Bilder, Links und Zeitzeugenberichte eigenständig hinzuzufügen.

Quellen
Informationen: Presse TU Darmstadt
Fotos: Landessynagoge Selm-Bork, Margret Budde
Synagogen Köln, Pressestelle TU Darmstadt

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Margret Budde

2 Gedanken zu „Erinnerungsprojekt der TU Darmstadt“

    1. Vielen Dank für diesen Hinweis. Der Film ist eine sehr gute Ergänzung zu diesem umfassenden Thema, das lohnt, noch mit weiteren Beiträgen auszubauen oder sich im Selbststudium anzueignen, was allein schon von dort aus mit weiterführenden Seiten angeboten wird.

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