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München 1919: Gustav Landauer

100. Todestag – Gustav Landauer am 2. Mai 1919

(esk)(akt. 01/2023)  Die Jubiläen und Gedenktage kommen und gehen in rasantem Tempo und lassen dadurch manches vergessen: z.B., dass wir immer noch mitten im Gedenken/Erinnern an 100 Jahre Ende des 1. Weltkriegs und der darauf folgenden Revolutionen sind. Heute wäre also noch einmal ein Tag, sich der Münchener Räterepublik zu erinnern: Es ist der 8. November 1918, …

… der 1. WK ist vorbei, die Revolutionen aber noch nicht, als Kurt Eisner als Ministerpräsident den Freistaat Bayern ausruft und Gustav Landauer nach München holt. Landauer wird, gemeinsam mit Erich Mühsam und Ernst Toller, zu den führenden Figuren der Münchner Räterepublik. Aus dem Schriftsteller wird der Revolutionär. Als Anarchist verwarf er Gewalt und Terror und bekämpfte den Kriegswahn und Militarismus, den Staat und den Parlamentarismus. Der Sohn einer jüdischen Karlsruher Kaufmannsfamilie versteht sich als Anarchist, Sozialist und Pazifist: Seine Idee von einer Gesellschaft freier Menschen, die ohne staatliche Gewalt selbstbestimmt in solidarischen Kleingruppen zusammenleben, bleibt aber lange bloße Theorie und hat nur wenige Anhänger. Er sieht nun die Chance gekommen , „seinen“ Sozialismus zu verwirklichen, aber ohne Gewalt, nicht wie ihn Marxisten und Kommunisten gehen wollen; er lehnt aber ebenso  den gemäßigten Parlamentarismus der Sozialdemokraten ab.  Sein Leben und Wirken in München und für die Republik wird nicht mehr lange währen.

„GUSTAV LANDAUER hat alle Beschwörungen, München zu verlassen, in den Wind geschlagen. Der geeignete Zeitpunkt, sich abzusetzen, ist längst verpasst und sein Aufenthaltsort, Lindenallee 8, kein Geheimnis. In der Gemeinde Großhadern steht Landauers Name unter dieser Adresse sogar im Melderegister. Worauf wartet noch? Die Toten im Luitpoldgymnasium wollen gesühnt werden, eine linke Gallionsfigur bietet sich für die Befriedigung von Rachegelüsten geradezu an. Landauer durchlebt eine ähnliche Situation wie nach dem Tod seiner Frau. Sämtliche Energie ist ihm abhanden gekommen, und in seinem Geist hat sich ein lähmender Fatalismus breitgemacht.“ (in: Ralf Höllerer, Das Wintermärchen. Schriftsteller erzählen die Bayerische Revolution und die Münchener Räterepublik 1918/1919; Berlin 2017)

Gustav Landauer wird am 2. Mai 1919 im Gefängnis Stadelheim unter Beteiligung des Militärs ermordet. Kurt Eisner war zu diesem Zeitpunkt schon tot – ebenfalls ermordet, am 21.2.1919 auf offener Straße erschossen, von einem völkischen Antisemiten.

Auch wenn sicherlich manches gegen Landauer und seine politischen Überzeugungen einzuwenden wäre, wir finden es richtig und wichtig hier an ihn zu erinnern, und damit auch an diese kurze Zeit der Münchener Räterepublik, an Momente, in denen alles möglich schien. Man hätte vielleicht mehr Zeit gewähren sollen?

Für diejenigen, die sich gerne ohne viel Sucherei näher über Gustav Landauer informieren möchten, mögen sich vielleicht eine halbe Stunde lang hörend informieren (rechts im Frame unter Hörspiel) und/oder hier ein paar wenigen gehaltvollen Links folgen:

gustav-landauer.org: dort besonders z.B. unter Denkmal: Revolution und Ermorderung in München

Projekt Gutenberg.de : Gustav Landauer – Leben und Werk

Den historischen Hintergrund dazu gibt es hier auch:

Ein Feature zur Bayerischen Revolution: Traum und Albtraum – Das revolutionäre Bayern 1918/19 oder: Der Traum der Schriftsteller von einer besseren Republik (DLF Kultur, 20.02.1919, ca. 28 Min., auch als Podcast zum Download), kann man auf der angegebenen Seite aber auch nachlesen.

Dichtung ist Revolution (9): Die Niederschlagung der Räterepublik in München, 2. Mai 1919
Im November 1918 wird die Wittelsbacher Monarchie gestürzt, der Schriftsteller und Revolutionär Kurt Eisner ruft in München den „Freistaat Bayern“ aus. Zum 100. Jubiläum von Revolution und Rätezeit zeigt die Monacensia im Hildebrandhaus die Ausstellung „Dichtung ist Revolution“. Kuratorin Laura Mokrohs und Zeichnerin Barbara Yelin erzählen begleitend in zehn Episoden in Text und Bild von den Überzeugungen, Ideen und Taten der revolutionären Schriftsteller Kurt Eisner, Gustav Landauer, Erich Mühsam und Ernst Toller.(Quelle: https://www.literaturportal-bayern.de/journal?task=lpbblog.default&id=1856)
Besonders eindrucksvoll hier die  Bilder und die Originalzitate der Schriftsteller; und eine wunderbare Liste der verwendeten Quellen, damit man unbedingt weiter lesen kann.

Einen fünfminütigen Beitrag zu Kurt Eisner und die Presse: Bayerische Räterepublik – Kurt Eisners Katz-und-Maus-Spiel mit der Presse (DLF 27.12.2018 – zum Nachlesen)

Über die bayerische Revolution und die darauf folgende Münchener Räterepublik sind 2017 mindestens zwei gute Bücher herausgekommen:

  • vom Historiker Ralf Höller läßt in seinem Buch Das Wintermärchen die Schriftsteller der Zeit selbst erzählen, eine spannende, rasant erzählte Reportage aus der Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg.
  • von Volker Weidermann: Träumer – Als die Dichter die Macht übernehmen, ähnlich gedacht wie das vorgenannte Buch, aber mit ein paar handwerklichen Fehlern(Quellen? hist. Hintergrund?). Dennoch, leichthändig und abwechslungsreich erzählt, gut lesbar. Übrigens auch als Hörbuch (Lesung) erhältlich, aber leider nicht mehr als Podcast bei br2, wo in diesem Frühjahr, passend zum Gedenkjahr, die 4 Folgen gesendet wurden.

Ellen Salverius-Krökel

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